· 

Hack-a-service

Aktuell befinden wir uns in einer Trainingsphase, die es ermöglicht, neue Techniken zu erlernen oder erlernte Techniken zu verbessern. Warum das zur Zeit am besten geht, ist einen eigenen Artikel Wert. Heute geht es darum, wieso es so schwer ist, eine Technik zu perfektionieren.

Einige von euch stehen derzeit vor der Aufgabe an einer persönlichen Baustelle zu arbeiten, nämlich eine eigene Schwachstelle im Bereich der Lauf- oder Schlagtechnik zu eliminieren. Immer wieder ist zu beobachten, dass dafür auf bekannte Schlagübungen zurückgegriffen wird und man sich dann überlegt, dabei etwas anders zu machen. Aber so funktioniert das nicht (gut). Warum? Badminton ist viel zu komplex und jeder Schlag für sich auch. Meistens liegt die Schwäche in der Technik nur in einzelnen Komponenten der komplexen Bewegung. Um diese zu verbessern, muss man sie zunächst identifizieren und anschließend isolieren, um dann individuell erstmal an dieser Komponente zu arbeiten. Deswegen lautet eine der Grundregeln des Trainingsaufbaus "Vom Einfachen zum Komplexen".

 

Nehmen wir das Beispiel des kurzen Rückhandaufschlags. Dies ist einer der einfachsten Schläge im Badminton, denn man kann ihn vollständig selber kontrollieren. Man schlägt aus dem Stand, man hat keine Bewegung des Balles und man hat keinen Zeitdruck. Aber nur weil es einer der einfachsten Schläge ist, ist er noch lange nicht einfach. Dazu muss man ihn nur mal in seine Einzelteile zerlegen, die Einfluss auf die Qualität haben. Fußstellung, Körperhaltung, Schlägerhaltung in der Hand, Schlägerhaltung zum Ball, Halten des Balls in der Hand, Halten des Balls zum Schläger, Ausrichtung der Schlagbewegung, Ausholphase, Schlagphase, Zielrichtung des Schlags, Zielhöhe des Schlags, Ziellänge des Schlags. Das sind viele Komponenten für einen statischen Schlag und jede davon birgt Fehlerpotenzial. Also gilt es die Fehleranfälligkeit zu reduzieren und das gelingt durch Standardisierung von Abläufen und all den Dingen, die man kontrollieren kann. Dazu muss man zuerst herausfinden, wie man es richtig machen möchte, dann muss man es richtig machen und dann so oft wiederholen, bis man es kann. Und man kann es erst, wenn man es auch abrufen kann, wenn äußere Einflüsse dazu kommen.

 

Diesen entscheidenden Teil darf man nicht vergessen beim Trainieren der neuen Technik. Die äußeren Einflüsse! Zum Beispiel Gegner, Laustärke, Licht, Spielstand, Erschöpfung...all das kann den Schläger und den Ball nicht direkt beeinflussen, aber indirekt sehr wohl. Denn wenn man unter Stress steht, werden die alten Muster wieder abgerufen, die Intuition greift ein. Man muss dafür sorgen, dass die neue Technik zur intuitiven Technik wird. Also muss man sie auch mit äußeren Einflüssen trainieren, nachdem man sie ohne äußere Einflüsse trainiert hat.

 

Vergleichbar ist die Situation des Aufschlags mit dem Freiwurf beim Basketball. Sie ist statisch, man hat die Hände, einen Ball und ein Ziel. Das Problem ist, dass die Anforderungen an einen fehlerfreien und qualitativ hochwertigen Aufschlag viel höher sind, als an jeden anderen Schlag. Ebenso sind die Ansprüche an einen Freiwurf auch unverhältnismäßig höher, als an einen Feldwurf. In der NBA, der bedeutensten Basketballliga der Welt, sind 50% Feldwurfquote überragend, aber Freiwurfquoten unter 75% gelten als schlecht. Es gibt Spieler, die im Training regelmäßig über 80% erfolgreiche Freiwürfe werfen, aber im Spiel keine 50% treffen. Da sind sie wieder die äußeren Einflüsse, die sogar die besten Basketballspieler der Welt nicht in Ruhe lassen... Es gibt sogar Spieler, die so schlecht Freiwürfe werfen, dass man sie absichtlich foult, weil man weniger Gefahr durch Freiwürfe erwartet, als durch Feldwürfe. Namensgebend dafür war einer der besten Spieler aller Zeiten Shaquille O'Neal und die zugehörige Taktik Hack-a-Shaq (https://de.wikipedia.org/wiki/Hack-a-Shaq). Es ist interessant zu sehen, wie die Schwäche bei einer grundlegenden Komponente des Spiels ein ganzes Spiel beeinflussen kann.

 

Denkt beim Training von neuen Techniken daran, die Komplexität der Übung zu reduzieren und die einzelnen Bestandteile der Technik jede für sich zu analysieren und wenn nötig zu verbessern. Und sorgt dafür, dass ihr euch auf die gute Qualität eures Aufschlags verlassen könnt und sich nicht der Gegner freut, dass er euren Aufschlag annehmen darf. Damit beginnt der Ballwechsel und man hat äußerst selten weniger Aufschläge als der Gegner, wenn man einen Satz gewinnen will. Ihr habt es im wahrsten Sinne des Wortes selbst in der Hand. Viel mehr als bei allen anderen Schlägen.

 

Und wenn ihr mal frustriert seid, dass das alles nicht (sofort) funktioniert, schaut dieses Video:

Kommentar schreiben

Kommentare: 0